Faszinierend verbunden – kaum ein anderes Wort beschreibt so treffend, was in uns eigentlich jeden Moment arbeitet: Ein leises, elastisches, hochintelligentes Netzwerk, das sich wie ein dreidimensionales Spinnennetz durch unseren gesamten Körper zieht. Die Faszien. Lass Dich faszinieren.
Lange galten sie als „weiße Verpackung“, als etwas, das man im Anatomiekurs (oder vom Festbraten) wegschneidet, um das Wesentliche zu sehen.
Heute weiß man, dass die Faszien das Wesentliche sind. Sie geben Deiner Haltung Form, Deinem Körper Spannkraft und Deinem Inneren erstaunlich viel Gefühl.
Sie reagieren auf jeden Schritt, jeden Atemzug und auch auf jede Emotion. Faszien sind nicht nur Gewebe, sie sind ein Sinnesorgan und werden inzwischen auch so benannt. Du kannst es als Kommunikationssystem Deines Körpers unter Deiner Haut sehen. Faszien sind der Speicher und ein Warnsystem für das, was Dich bewegt – körperlich wie seelisch.
Wenn Du verstehst, wie dieses Netzwerk arbeitet, verändert sich möglicherweise Dein Blick auf Beschwerden, Bewegung & Wohlbefinden, und es wird klar, dass in Dir alles viel stärker miteinander verbunden ist als Du dachtest.
Zum besseren Verständnis komme ich um ein paar fachliche Erklärungen nicht herum.
Was Faszien eigentlich sind und warum sie so entscheidend sind
Faszien sind ein Bindegewebsnetzwerk aus kollagenen Fasern, das alles im Körper miteinander verbindet: Muskeln, Organe, Blutgefäße, Nerven und selbst einzelne Zellen. Die lange Rückenfaszie z.B. beginnt an der großen Zehe, zieht sich über Fußsohle, Ferse, Beinrückseite, Gesäß, Rücken, Nacken und Hinterkopf bis vor zur Stirn. So ziehen sich die hauchdünnen Häute und elastischen Faserstränge durch den ganzen Körper – Du kannst sie Dir vorstellen, wie ein lebendiges Ganzkörperkorsett, dass Dir Form und Halt gibt.
Ihre Aufgaben sind vielfältig und für mich unglaublich beeindruckend:
- sie stabilisieren und formen den Körper
- sie übertragen Kräfte – ohne sie könnten Muskeln kaum effizient arbeiten
- sie schützen Organe und halten sie im Inneren an ihrem Platz
- sie ermöglichen geschmeidige Bewegungen zwischen Muskeln, Knochen und Organen
- sie reagieren auf chemische, mechanische und emotionale Reize.
Mit anderen Worten: Ohne Faszien wären wir wie ein Sack, in den Knochen, Muskeln, Organe, Zellen und alles was eben in unserem Inneren ist, hineingeworfen wurde – wir wären unfähig uns vernünftig zu bewegen.
Kennst Du noch diese „Slimy“ Masse, die es in so Neonfarben gab? So wären wir dann – ein Flapp Slime.
Was vielen nicht bewusst ist, ist daß Faszien mehr Sinneszellen als Muskeln selbst haben. Darunter sind Schmerzrezeptoren, Dehnungs- & Drucksensoren und freie Nervenendungen, die auf emotionale Zustände reagieren. Diese Rezeptoren nehmen Spannung, Bewegung, kleine Ungleichgewichte und Stress wahr, lange bevor Du bewusst merkst, dass etwas nicht stimmt. Diese frühen Wahrnehmungen sind wie ein Warnsystem, das Dich vor falschen / ungünstigen Bewegungen, Handlungen, Anstrengungen schützen möchte. Z.B indem es einen Hexenschuss provoziert, der dann einen bestimmten Bereich stilllegt oder fiese Rückenschmerzen zu Beginn der Regel, damit Du Dir Ruhe gönnst.
Faszien fühlen mit. Sie speichern, was Du erlebst, und sie erzählen es Dir – körperlich.
Daher kommt es vor, dass Du
- bei Ärger „Nacken“ bekommst
- bei Dauerstress „hart wie ein Brett“ wirst
- bei Traurigkeit einen „Kloss im Hals“ spürst.
Die Forschung zeigt heute, dass Faszien Informationen schneller weiterleiten können als Nerven. Sie arbeiten als inneres Kommunikationsnetz und es kann sein, dass Spannungen in einer Körperregion innerhalb von Sekunden anderswo spürbar sind. So etwas wie eine Verschiebung von Täter und Opfer.
Typische Beispiele sind:
- Opfer: Schmerzen in Knie oder unterem Rücken – Täter: Hüftbeuger
- Opfer: Rückenschmerzen auf Höhe der Brustwirbel – Täter: verkürzte Brustmuskulatur
- Opfer: Verspannungen im Nacken – Täter: evtl. sogar die Plantarfaszie unter dem Fuß
- Opfer: Magenschmerzen – Täter: starres Zwerchfell
Dein Körper ist eine Einheit und alles hängt im wahrsten Sinne des Wortes zusammen.
Wie Faszien auf unseren Lebensstil reagieren
Vorab: Faszien sind formbar. Sie passen sich unserem Alltag an, im Guten wie im Schlechten. Auch hier habe ich ein paar Beispiele, damit Du es besser nachvollziehen kannst:
Bewegungsmangel: Sie verkleben, werden zäh und verlieren ihre Gleitfähigkeit. Du bekommst ein Gefühl der Steifigkeit und irgendwie ein Dauerziehen
Einseitige Belastung: Sie verhärten sich, verlieren Elastizität. Bewegungen werden ungeschmeidig
Stress: die Faszien ziehen sich zusammen, Du fühlst Dich verspannt
Dehydration: das Fasziennetz trocknet aus und wird anfälliger für Schmerzen. Du fühlst Dich wie vom Bus überrollt
Ernährung: Zucker, Alkohol, stark verarbeitete Lebensmittel, Zusatzstoffe usw. fördern Entzündungen im Gewebe. Ich denke, Du weißt, wie sich das anfühlt.
Schlafmangel: Reparaturprozesse bleiben aus oder werden verlangsamt. Trotz „richtiger“ Behandlung der Faszien, wird das Problem nicht besser.
Faszien erzählen die Geschichte Deines Lebens(stils). Sie zeigen sehr klar, wie es Dir geht. Versuche die gerade genannten Ursachen zu optimieren und vieles erledigt sich von selbst.
In den Wechseljahren verändern sich auch die Faszien
Ein Wehrmutstropfen bleibt – in den Wechseljahren – mit sinkendem Östrogen verändern sich auch die Faszien: sie werden trockener, sie verlieren einen gewissen Grad an Elastizität, sie reagieren empfindlicher auf Stress, sie werden verletzungsanfälliger und die natürliche Gleitfähigkeit zwischen den Muskeln nimmt ab.
Daher ist es ab der Lebensmitte umso wichtiger, Deinen Faszien mehr Zuwendung zu schenken und beeinflussbare Faktoren in die positive Richtung zu verschieben. Hier zeigt sich mal wieder die enge Verbindung zwischen Hormonen, Nervensystem und Gewebe.
Was Faszien wirklich mögen
1. Sanfte, federnde Bewegungen
Schwingen, Wippen, elastische Impulse.
2. Lange, genüssliche Dehnungen
Yin-Yoga, Stretch-Hold-Release-Praktiken, kein Ziehen oder Zerren, eher ein hineinschmelzen (wie meine Physiotherapeutin immer zu sagen pflegt) in die Endposition.
3. Endgradige Bewegungen
Beugen, Strecken, Drehen bis an das körpereigene Bewegungsende, krabbeln, klettern, hangeln oder Animal-Flows, um ein paar Beispiele zu nennen.
4.Hydrierung
VIEEEEEL Wasser trinken und durch die Bewegung Wasser auch im Körper verteilen.
5. Atmen
Tiefe Atmungen, bei denen sich der gesamte Brustkorb weitet, die Rippenbögen öffnen, das Zwerchfell maximale Bewegung bekommt, und tiefe Bauchatmung um allen inneren Organen eine feine Massage zu gönnen.
6. Entspannung
Nach der Anspannung an Entspannung denken, denn ein entspannter Körper ist ein elastischer Körper.
Ein kleines Fazit
Wenn Faszien geschmeidig sind, fühlt sich der ganze Körper leicht an, Bewegungen fließen, die Haltung richtet sich auf, das Nervensystem beruhigt sich. Du spürst Dich von innen heraus prächtig.
Faszien erinnern Dich an etwas sehr Einfaches und gleichzeitig sehr Schönes:
Du bist gemacht für Verbindung – Verbindung mit Dir selbst, Deinem Körper, Deinem Leben
Da dem nichts mehr hinzuzufügen ist, wünsche ich Dir bis zum nächsten Mal eine geschmeidige, verbundene Zeit.
Alles Liebe,
Kirsten
Bild: Canva





